Brasiliens Guarani Kaiowa werden gefoltert und ermordet
Bundesstaat Mato Grosso do Sul:
Direkt nach Jahresbeginn nahmen am 2. Januar etwa 180 Guarani und Kaiowa-Familien ihre Arbeit an der Grenze zum indigenen Schutzgebiet der Dourados in Mato Grosso do Sul wieder auf. Daraufhin wurden sieben Indianer durch Gummigeschosse und Schusswaffengeschosse privater Sicherheitskräfte der Immobilienbesitzer verletzt. Ein Wachmann wurde ebenfalls verwundet.
Beamte der Abteilung für Fahrzeug- und Grenzkontrollen (DOF) auf der Nebenstraße in der Nähe der Konfliktstelle und des Reservats. Foto: Guarani und Kaiowá
Der Einsatz privater Sicherheitsfirmen bei Konflikten mit Indigenen in Mato Grosso do Sul ist nicht neu. Im Jahr 2018 ordnete das Bundesgericht aufgrund einer Beschwerde der Bundesanwaltschaft (MPF) an, dass das Sicherheitsunternehmen GASPEM wegen seiner Beteiligung an Angriffen auf Ureinwohner in Mato Grosso do Sul außer Betrieb gesetzt und eine Geldstrafe für moralischen Schaden gezahlt werden solle. Zwischen 2009 und 2011 gipfelten die Konflikte gar in Ermordungen von indigenen Führern.
Der erneute Vorfall ereignete sich auf Land, dass Privateigentum ist. Im Reservat leben 18.000 Guarani und Kaiowá und Terena Indianer, die sich 3.475 Hektar Fläche teilen. Eine solche Ausdehnung ist seit Jahrzehnten unzureichend für die physische und kulturelle Reproduktion der Eingeborenen, insbesondere nach der Lebensweise der Guarani Kaiowá. Angesichts der gegenwärtigen Situation gab es keine Alternative für die Guarani Kaiowá, außer in Nachbargebieten mehr Raum auf traditionellem Land zu übernehmen.
Die jüngste Eskalation der Angriffe beim Dourados-Indianerreservat begann im Oktober 2018. Die heftigsten Angriffe in jenem Monat ereigneten sich in der Nacht des 28. Oktober, als die Wahl von Jair Bolsonaro zum Präsidenten bestätigt wurde. Bei dem zweiten von vier Angriffen, die in weniger als einem Monat verzeichnet wurden, wurden 15 Guarani und Kaiowá durch Schüsse verletzt.
2019 war das Jahr der größten Gewalt. Die Vorfälle waren zeitweise von größer Schwere und Todesfällen. Es gab mindestens acht Opfer durch Angriffe privater Sicherheitskräfte und einen Fall, in dem die Polizei verwickelt war, die sich gegen die Guarani Kaiowá wandten. Vor der Generalstaatsanwaltschaft (PGR) prangerten die Ureinwohner den Tod des 14-jährigen Romildo Martins Ramires an, der von Sicherheitskräften erschossen wurde. Romildo wurde zwar in das Hospital da Vida in Dourados eingeliefert, starb aber am 29. Juli.
Kurz darauf verloren ein 15-jähriger und ein 14-jähriger teilweise ihr Augenlicht aufgrund von Schussverletzungen. Am 1. August wurde Mirna da Silva von bewaffneten Männern verfolgt. Die Ureinwohnerin, die ins Krankenhaus gebracht werden musste, wurde mehrfach mit Gummigeschossen beschossen. In der Folge verletzte der umgebaute Traktor, mit dem die Besetzerhütten zerstört wurden, eine 75-jährige Guarani Kaiowá-Frau, der ihr dabei beide Beine brach.
Bereits am 12. Oktober wurde die Avae’te-Rückeroberung von privaten Sicherheitsleuten angegriffen und ein junger Guarani Kaiowá in das linke Bein geschossen. Er versuchte zu fliehen, aber die Verletzung verhinderte ihn. Gefangen genommen, wurde er nach Zeugenaussagen gefoltert. Die Polizei wurde eingeschaltet, um die Situation einzudämmen und herauszufinden, was passiert ist. Anstatt dessen, wandte sie sich gegen die Ureinwohner. Einen Monat später wurde die Ureinwohner erneut geschossen. Es gab zwar keine Verletzungen, aber Schüsse wurden auf die Hütten und Häuser der Eingeborenen gerichtet. Tage später, am 5. November, waren die Landrückkehrer von Nhu Vera Guasu und Aratikuty das Ziel eines weiteren Angriffs. Diesmal gab es Schussverletzungen sowie Häuser, die niedergebrannt und abgerissen wurden. Ein artesischer Brunnen wurde unbrauchbar gemacht. https://cimi.org.br/2020/01/caveirao-tiros-feridos-segurancas-policiais-retomadas-guarani-kaiowa/
Laranjeira Nhanderu in Rio Brilhante, Mato Grosso do Sul: In einer weiteren Episode von Gewalt in der zeitweiligen Offensive, die die Guarani Kaiowá-Gemeinden des Staates im Morgengrauen erlitten, wurde am 1. Januar ein Gebetshaus angesteckt und dadurch teilweise zerstört. Zwischen der Nacht und dem Morgengrauen des 2. Januar griffen nicht identifizierte Männer die Ureinwohner mit Schüssen an und fielen in einige Häuser ein, die durch die Flucht ihrer Bewohner geräumt worden waren. Dabei riefen sie auch rassistische Flüche, als sie schossen.
Das Ergebnis der Brandstiftung. In Laranjeira Nhanderu leben ungefähr 38 Familien mit einer großen Anzahl von älteren Menschen und Kindern. Foto: Guarani Kaiowá People
„Sie sagen, dass ein Guarani Kaiowá-Indianer an der Verbrennung des Rezas Hauses beteiligt war. Es sind falsche Berichte. Niemand weiß, wer das Feuer gelegt hat. Wir sahen hier einen nicht einheimischen Handlanger, den wir Revolverhelden nennen. Es tut weh und empört uns, weil wir jeden Tag Völkermord, Gewalt und Rassismus erleben. Das Gebetshaus ist ein Symbol für unser Volk, es ist sehr wichtig für uns, unsere Gebete, unser spirituelles Leben und hier auf der Erde. Es ist nicht das erste Mal, dass sie ein Gebetshaus in Brand stecken. Heute sind wir vorbereitet, weil wir glauben, dass es wieder passiert. Sie wollen uns töten, töten. Unsere größte Sorge gilt Kindern und älteren Menschen. Wir haben es satt, in dieser Situation zu leben. Wir möchten, dass die Behörden eine Entscheidung zu unseren Gunsten treffen. Wir werden in der Casa de Reza ein Dokument erstellen und berichten, was wir, die Guarani Kaiowá hier in Laranjeira Nhanderu durchgemacht haben“, sagen die Führer.
Der Angriff fand in einem Gebiet statt, das im Oktober 2018 von den Ureinwohnern im Hauptbereich der Fazenda Santo Antonio da Nova Esperanca eingenommen wurde, das seit 2007 im Besitz von Guarani Kaiowá ist. Damals begannen mehrere lokale Land- und Rechtstreitigkeiten.
Laut einer vom MPF (Bundesstaatsanwalt) systematisierten Zeitleiste wurden die Ureinwohner im September 2009 aus dem Gebiet vertrieben und hausten unterschlechten Bedingungen am Straßenrand der BR-163, bis das Gebiet im Mai 2011 wiederbesetzt wurde. Die Rückkehr wurde erwartet, da das Nationale Ministerium für Verkehrsinfrastruktur (DNIT) die Indigenen zum Verlassen des Straßenraumes aufforderte. Die Eingeborenen kehrten dann in das Waldgebiet der Farm zurück. Sie standen aber vor einem neuen Problem: Der Besitzer der Nachbarfarm verriegelte beide Zugänge zum Guarani Kaiowá-Lager. Die so blockierten Ureinwohner hatten keinen Zugang zu wichtigen Dingen wie medizinischer Versorgung, Verteilung von Medikamenten und Nahrungsmitteln, polizeilicher Unterstützung und sogar zum Schultransport. Eine gerichtliche Entscheidung sicherte 2013 den Zugang von Hilfswerken. – „Es ist ein Landkonflikt. Sie wollen nicht, dass die Guarani Kaiowá in ihre Gebiete zurückkehren“, erklärt dazu Aty Guasus Führung. https://cimi.org.br/2020/01/laranjeira-nhanderu-e-atacada-tem-casa-de-reza-incendiada-e-indigenas-guarani-kaiowa-vivem-terror-na-virada-do-ano/