Liebe Unterstützer und Freunde,

von unserer Partnerorganisation Iniciativa Amotocodie erreichte uns im November 2017 folgendes Kommunique:

Ein Dekret, das den Völkermord garantiert – Kommuniqué an die öffentliche Meinung

Am 14. September diesen Jahres hat Präsident Horacio Cartes das Dekret 7702 in Kraft gesetzt, das den Artikel 42 des Nationalen Forstgesetzes modifiziert. Es befreit von der Verpflichtung, mindestens 25% der Wälder in allen ländlichen Anwesen über 20 Hektar zu erhalten und macht den Weg frei für die Abholzung aller verbleibenden Wälder in Privatbesitz. Das Dekret ist ein großer Irrtum, durch den nicht nur das Forstgesetz verändert, sondern auch das Gesetz zum Stopp der Abholzung im Osten Paraguays umgangen wird.

Offenkundig ist die Anwendung der Gesetze zum Naturschutz ungenügend, genauso wie die Einhaltung der nationalen Verfassung durch die aktuelle Regierung. Überdies fühlt sich die demokratische Staatsbürgerschaft Paraguays nun auch formal in ihrem Bestreben hintergangen, einen nachhaltigen Staat zu schaffen, der verantwortungsvoll mit Menschenrechten und Naturschutz umgeht.

Gewissermaßen war dies zu erwarten von den Unternehmern, die zu Mitgliedern der Regierung wurden und von ihren Helfern, die jetzt Funktionäre sind. Auch der Vize-Landwirtschaftsminister Marcos Medina wies uns darauf bereits kategorisch hin, als er erklärte, dass die Abholzung der Wälder keinerlei Problem für unser Land darstellte und dass die Abholzung unseres Landes in Zukunft sogar noch zunehmen würde, mit einer Rate von 400.000 Hektar jährlich bis zum Jahr 2030. Dies bedeutet die komplette Abholzung des Landes bis zu diesem Jahr. Die aufrichtigen Worte dieses Funktionärs konfrontieren uns mit der konkreten Realität: Die verbleibenden Ökosysteme außerhalb der geschützten Gebiete sind der Zerstörung ausgeliefert.

Im Chaco, besonders in seinem Norden, verbleiben nur fünf geschützte Gebiete, die zwar nicht komplett, aber immerhin zu etwa 70% von Urwald bedeckt sind. Nur in diesen Gebieten bleiben die klimatisch günstigen Bedingungen für die Vegetation bestehen und deshalb ist anzunehmen, dass nur dort die ursprünglichen Eigenschaften der Natur dauerhaft erhalten werden können. Die restlichen Wälder im Norden des Chaco sind nicht zusammenhängend und müssen schnellstmöglich wiederaufgeforstet werden, und natürlich muss die Abholzung und Zerstörung von Lebensräumen sofort gestoppt werden.

Mit der Abholzung gehen weitere Auswirkungen einher: Nicht nur hat sie den Verlust von Biodiversität und Ökosystemen zur Folge, sondern sie verursacht auch Völkermord, indem sie den Lebensraum der indigenen Ayoreo zerstört, die weiterhin in verschiedenen Gruppen in der freiwilligen Isolation im Norden des Chaco leben. Diese stellen das bestmögliche Beispiel für ein Volk dar, das Widerstand gegen die Unterdrückung und den Kolonialismus geleistet hat. Die Tatsache, dass es der Eroberung und Kolonialisierung von Kolumbus bis heute standgehalten hat, zeigt, dass wir es mit einem Volk zu tun haben, dass die Unterstützung der gesamten Menschheit und Gerechtigkeit verdient. Sie sind unser Vorbild, auf das wir unsere eigene Befreiung stützen werden.

Das denkwürdige Dekret ermöglicht die Abholzung von ganz Paraguay zugunsten von Plantagen für den Anbau von Exportgütern und gibt damit weitere 4 Millionen Hektar zur Abholzung frei. Unerwähnt bleibt hierbei, dass es sich um Gebiete der indigenen Völker handelt, die dort seit Tausenden von Jahren leben und dessen Landrechte unbestreitbar sind. Dies bedeutet, dass die unternehmerische Führung der Republik – mit zweifelhafter Legitimierung – verschiedenste Verbrechen gegen die Menschheit und gegen die indigenen Völker begeht. Indem sie sie physisch aus ihren Lebensräumen entfernt, begeht sie das größte Verbrechen dieser Art: Völkermord.

Schlussendlich lässt sich nicht vermeiden, dass das Dekret innerhalb der Gesetzgebung der Republik nicht das Forstgesetz als Teil einer übergeordneten Rechtsordnung verändert. Dadurch wird es automatisch verfassungswidrig. Trotzdem wird es von der unternehmerisch-präsidialen Blindheit erzwungen, wie zu Hochzeiten der Diktatur, dort, wo der Willen der Machthaber über dem Parlament und der Verfassung steht, indem die gesamte politische Macht auf willkürliche und offensichtliche Art und Weise vereint wird. Dies ist ein Sachverhalt, den man üblicherweise auch als Totalitarismus des Staates bezeichnet.

Wie dramatisch die Situation der letzten Waldindianer Paraguays ist, zeigt auch der Aislados-Bericht 2015 (PDF 1,1 MB).